Da wir heute endlich ein lauffaehigen Rechner gefunden haben, an dem wir in Ruhe unser St.Pauli-Girl-Bier trinken und ein bisschen Bloggen koennen, schreiben wir heute gleich zwei Eintraege. In den letzten Tagen ist so viel passiert und wir wurden derart mit Eindruecken ueberhaeuft, dass es fast schwer ist, diese alle zu sortieren und hier einigermassen verdaubar und doch vollstaendig wieder zu geben.

New Mexico, das nicht umsonst „Land of Enchantment – Land der Verzauberung“ heisst, verzauberte uns vom ersten Moment an mit gigantischen Naturerlebnissen und loeste eine echte Fotografiereritis aus. Olis Faibel fuer Makro-Naturaufnahmen hat ihm mittlerweile den Spitznamen Humboldt eingebracht. Ein paar seiner Werke sind in der Galerie zu bewundern (Wie ihr sicherlich festgestellt habt, sind in unseren redaktionellen Teilen lediglich eine Auswahl unserer Fotos zu sehen, die restlichen unter dem Menuepunkt Galerie).

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Als erstes machten wir eine Tour durch die Berglandschaften New Mexicos. Hinter ungefaehr jeder dritten Kurve erwartete uns eine vollkommen andere Landschaft und wir mussten alle paar Meter anhalten, um ein Foto zu schiessen und wiederholt zu bekunden, wie toll das alles sei. Vorbei an Las Vegas, was sich hier als kleines verschlafenes Westernnest entpuppte, statteten wir bei frischen Temperaturen und leichtem Regenfall einer mehr als 700 Jahre alten Indianersiedlung einen Besuch ab. Durch den frischen Regen roch das ganze Arreal ganz wunderbar nach den ueberall wachsenden Wacholderbueschen (auf die sich die Vegetation in dem eher wuestenhaften Gelaende auch beschraenkte). Unser aktuelle Geschaeftsidee fuer die Zeit nach der Reise ist nun ein 1A-Wacholder-Raumspray auf den Markt zu bringen.

So befluegelt ging es nach Santa Fe – dem Traum aller Amerikaner, die dem American Way of Live abgeschworen haben. Die ganze Stadt ist im Pueblo-Stil, also im Stil der alten Indianerdoerfer gebaut, und hat unzaehlige Kunstgalerien, Boutiquen und Restaurants. Es war einfach wunderbar unamerikanisch.
Im benachbarten Albuquerque brannte am folgenden Tag ueberraschend der Planet, so dass wir uns beim Stadtbummeln einen ordentlichen Sonnenbrandt eingefangen haben. Von dort aus besuchten wir dann eine weitere Indianersiedlung, die irgendwo im nirgendwo auf einem Tafelberg liegt und heute noch bewohnt ist. Die Landschaft rund um diese Sky City war atemberaubend. Bei der Fuehrung durch das Dorf kam aber ein komisches Gefuehl auf, da wir von einem traurig schauenden Indianer zum naechsten gefuehrt wurden, die ihre Toepferwaren verkaufen wollten. Als Backpacker hat man da wenigstens eine gute Ausrede.
Nach all diesen Abenteuern haben wir uns dann eine Nacht in dem angeblich legendaeren El-Rancho-Hotel gegoennt, in dem schon Ronald Reagan, Spencer Tracy, Katharine Hepburn and Kirk Douglas uebernachtet haben. Aber das war wohl schon lange her.

Wie immer auf einer Reise laeuft aber nicht alles nach Plan. Nach einem Steinschlag hatten wir kurz vor der Grenze zu New Mexico einen riesigen Sprung in der Frontscheibe unseres Mietwagens. Nach einigen naechtlichen Telefonaten, um in Deutschland unsere Mietwagenfirma zu erreichen, liess sich dieses Problem aber auch recht kurzfristig beheben und wir haben nach unserer Reisschuessel Kia nun einen echten Chevrolet als Wegbegleiter.

to be continued …

P.S.: Wir freuen uns sehr ueber eure Kommentare!
(Falls ihr Kommentare einfuegen oder lesen wollt, einfach auf den Link „…response…“ unterhalb jedes Artikels klicken und lesen oder kommentieren)

Texas begruesste uns mit schier unendlichen Weiten. Ueber die sogenannten Great Plains sagen die Einheimischen, dass man zwei Tage vorher sehen kann, wenn sich Besuch naehert. Und das ist keine Uebertreibung. Felder bis zum Horizont, riesige Rinderherden, Oel- und Wassertuerme und die typischen Holztore an den Rancheinfahrten, bestaetigten im positivsten Sinne jedes Texas-Vorurteil. Umso ueberraschter waren wir, also uns in der Texas Visitor Information erzaehlte wurde, dass ganz in der Naehe ein sehenswerter Canyon zu finden sei.
Apropos Visitor Centers: Sich und das eigene Land zu vermarkten und einfach erlebbar zu machen, koennen wir auf jeden Fall von den Amerikanern lernen. Hinter jeder Staatengrenze findet sich an der Interstate eine Visitor Center, in dem alle Fragen und mehr beantwortet werden und nach deren Besuch man mit Tonnen von Papier bewaffnet die Weiterfahrt antritt. Gleiches gilt im uebrigen fuer alle Nationalparks – ueberall viele nette und hilfreiche Geister mit erklaerenden Broschueren und Karten sowie jeder Menge Hintergrundinformationen. Das freut das Touri-Herz.
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So voll informiert also auf zu dem angepriesenen Paolo Duro Canyon. Und tatsaechlich: Wie aus dem Nichts spaltet sich die platte Erde und ein riesiger Canyon aus beeindruckenden roten Gesteinsformationen tut sich auf. Also schnell die Badelatschen gegen festes Schuhwerk getauscht und ab auf einen der ausgeschilderten Wandertrails. Da es die Amerikaner aber mit Beschilderungen nicht so haben, wussten wir schnell nicht mehr so richtig wo wir waren. Eigentlich auch egal. Nur hatten wir ein bisschen Schiss vor Rattelsnakes und sonstigem Praeriegetier – wir sind halt noch Abenteurer-Anfaenger.
Von da aus ging es weiter nach Amarillo, was uns als Ziel gleich einen mehrstuendigen Ohrwurm („Is this the road to…“) beschehrt hat.

Mittlerweile sind wir schon echte Profis im Abchecken der optimalen Uebernachtungsmoeglichkeit geworden. Dank ebenfalls in den Visitor Center erhaeltlichen Couponheften kann man ganz einfach nach den aktuell guenstigsten Motels am Zielort suchen.
Angekommen im Motel unserer Wahl hat Oli dann seinen taeglichen Beitrag zur Rettung unseres Planet geleistet und erst einmal Klimaanlage und Kuehlschrank ausgeschaltet. Wenn man so den ganzen Tag durch die Gegend faehrt, kann man der Natur ja auch was zurueck geben.
Am folgenden Tag haben wir uns in Amarillo dann auf die Suche nach einem Internet-Cafe gemacht und sind in einem Sandwich-Laden mit schmierigen Apple-Rechnern gelandet, die schon beim Anschauen abstuerzten. Stattdessen sind wir dann lieber in das Texanische Nationalmuseum gegangen – war mindestens ebenso spannend.
… und dafuer gibt es heute zwei Eintraege.

… Route 66. Vor sechs Tagen sind wir auf die Route 66 aufgebrochen und haben mittlerweile schon die Haelfte der Strecke bis Los Angeles hinter uns gebracht. Wie Trapper suchen wir uns unseren schlecht oder gar nicht ausgeschilderten Weg durch die amerikanische Pampa – wobei wir uns im Durchschnitt ca. dreimal am Tag verfahren. Aber wir wollen ja auch Land und Leute kennenlernen.

Auf den bislang ungefaehr 1500 zurueckgelegten Meilen haben wir einiges gelernt. Zu aller erst, dass Langweile einen neuen Namen ‚Illinois‘ und Oednis ein Gesicht ‚St. Louis‘ hat. Kaum hatten wir die Stadtgrenzen von Chicago hinter uns gelassen, umgab uns plattes Land, dass streckenweise an Schleswig-Holstein erinnerte. Es folgte eine unendliche Aneinanderreihung von kleinen Doerfern, die alle irgendwie gleich aussahen. Dieser Zustand hielt tagelang an, weswegen wir zeitweise das Gefuehl hatten im Kreis zu fahren.

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Besonders bemerkenswert sind die Haeuser, die den Strassenrand saeumen. Es gibt unzaehlige sogenannte ‚Mobile Homes‘, so etwas wie riesige Wohnanhaenger, die entweder wahllos in die Landschaft oder in Mobile Home Parks abgestellt werden. Wie wir unterwegs aber eindrucksvoll sehen konnten, koennen auch ’normale‘ Haeuser fertig gekauft werden. Diese werden dann mit Sattelschleppern auf das vorgesehene Grundstueck transportiert. Dort verstroemen sie dann die entsprechende Plastik-Fast-Fertighaus-Atmosphaere. Aber Haeuser sind ja auch gar nicht so wichtig. Am wichtigsten scheinen fuer die Amis ohnehin ihre ueberdimensionalen Autos zu sein. Vor jeder noch so klapprigen Huette stehen entsprechend gleich mindestens drei davon. Wenn die Karren nicht mehr fahrtauglich sind, werden sie auch gerne mit jeder Menge anderem Schrott als Gartendekoration genutzt. Apropos Gartenpflege – die Nachfahren der Cowboys reiten heute in ihrer Freizeit bevorzugt auf Aufsitzrasenmaehern durch die Gegend. So ist im Umkreis von mindesten 150m um jedes Plastikhaus alles super akkurat gemaeht. Ein so gepflegtes Green zusammen mit den erwaehnten Schrottdevotionalien – fertig ist der amerikanisch Vorgartentraum. Vertreter eines besonders extravaganten Geschmacks ergaenzen dieses Arrangement noch mit lebensgrossen Plastikbambis – anscheinden das Pendant zum deutschen Gartenzwerg.[flickr]photo:2498662806[/flickr]

Ansonsten bietet die Countryside nicht viel Spielraum fuer individuellen Geschmack. Jede mittelgrosse Stadt kuendigt sich mit einem endlosen Korridor immergleicher Shops und Fast-Food-Restaurants an. Die verfuegbare Kultur scheint sich in weiten Teilen auf das im WalMart erhaeltliche Sortiment zu beschraenken. Aber immerhin kann man ja noch in die Kirche gehen. Davon hat jedes Dorf, und sei es noch so klein, gleich mehrere. Nicht umsonst heisst die Gegend entlang der Route 66 in Oklahoma ‚Bible belt‘.

Aber wir wollen hier nicht nur schlechtes berichten. Wir haben in den vergangen Tagen auch wunderschoene Landschaften gesehen und teilweise lies sich wirklich noch der Duft der alten Strasse schnuppern. In machen der teilweise verlassenen Staedte kann man sich ausserdem wirklich in die Zeit des wilden Westens zurueckversetzt fuehlen. Und manchmal kam auch tatsaechlich ein Cowboy um die Ecke gebogen.

In diesem Sinne,

God bless America