Aus dem bunten Treiben Malakkas ging es weiter nach Singapur. Singapur, das ist Asien-light, ein blitzeblanker Stadtstaat, eine Hommage an Kapitalismus und Konsum und „the fine city“ – die Stadt, in der auch schon das kleinste Fehlverhalten mit empfindlichen Strafen geahndet wird. Wir bereiteten uns auf unseren Besuch entsprechend vor, indem wir unsere Kaugummis waehrend der Busanreise tief in unseren Rucksaecken versteckten. Kaugummikauen gehoert zu den vielen Dingen, die in Singapur gar nicht beliebt sind. Wobei mittlerweile Zahnpflege-Kaugummis erlaubt sind – wow!

Singapur war schon deshalb ein besonderer Stopp, da wir dort Martinas Bruder getroffen haben, der beruflich in der Stadt zu tun hatte. Somit waren nette und lange Abende vorprogrammiert.

Aber erst einmal zurueck zu der Stadt. Wahrscheinlich stimmen so ziemlich alle Vorurteile, die man gegen Singapur hat. Eine Glitzermetropole, die man vielleicht schon als zu sauber und perfekt empfinden kann, und deren Einwohner einem sehr klaren Ge- und Verbotekatalog unterliegen. Definitiv eine Stadt, in der man bis zum Umfallen shoppen kann, und deren Infrastruktur an vielen Stellen so clever und durchdacht ist, dass sich unser liebes Heimatland hier gerne etwas abschauen koennte. Aber natuerlich findet man jenseits der Einkaufs- und Bueroviertel auch Bereiche, in denen die glatte Fassade broeckelt und spannende Einblicke in das Herz der Stadt moeglich werden. So z.B. in Chinatown, wo chinesische Apotheken allerlei exotische Knollen, Puelverchen und getrocknete Tier(-teile) verkaufen und der 80-jaehrige Besitzer noch mit dem Abakus seine Kalkulationen macht. Oder wenn in Little India einem ein Exil-Inder mit ca. 10cm langen Haarbewuchs an den Ohren seine Lebensgeschichte erzaehlt.

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Singapur ist ausserdem Durchgangspunkt vieler Suedostasien-Reisender. Wahrschein deshalb, haben wir dort auch das erste bekannte Gesicht, mit dem wir nicht verwandt sind, in der Ferne getroffen. Mitten auf der Orchard Street, der Einkaufsmeile der Stadt, lief Oli seinem alten Kollegen Lars von Robert Mueller in die Arme. Wir verbrachten einen netten Abend miteinander und tauschten Reisegeschichten aus.

Zu den Highlights unseres Singapuraufenthalts zaehlen aber auf jeden Fall zwei Dinge, die wir jedem ans Herz legen koennen:

1. Eine Nachtsafari in dem preisgekroenten Singapur Zoo.

2. Ein Besuch bei Mustafa, einem indischen 24-Stunden-Kaufhaus. Eine Mischung aus indischem Basar und Karstadt, vollgestopft bis unter die Decke mit allem was man sich nur denken kann. Vorsicht Kaufrausch!!

Nach der kleinen Komfort-Pause in Kuala-Lumpur wurde es nach einigen Tagen wieder Zeit in den gewohnten Reisemodus zurueck zu finden. Mit dem Bus ging es weiter nach Malakka an der malysichen Westkueste.

Die Stadt ist ehemalige portugisische, hollaendische und britische Kolonie und damit voller Geschichten ueber europaeischen Expansionsdrang. Dieser ist am sichtbarsten in den hollaendischen Gebauden, die mit ihrer roten Aussenfassade Wahrzeichen und Touristenmagnet Melakas sind.

Das eigentliche Highlight ist aber Melakas Chinatown. Hier ist chinesisches Leben traditioneller und chinesischer als in China selbst. Ueberall finden sich in den Hauseingaengen buddistische Minialtaere auf denen Rauscherstaebechen Rauchschwaden aufsteigen lassen. Viele kleine Laeden bieten farbenfrohes spirituelles Zubehoer: Gebetspapier, goldene Buddastatuen und die typischen roten Lampions. Morgens ab fuenf treffen sich die Einwohner, um Dim Sums aus riesigen Bambusgarern zu fruehstuecken und in dem buddistischen Tempel um die Ecke verbeugen sich Schulmaedchen mit Buendeln duftender Raeucherkerzen in der Hand. Am Wochenende findet ein Nachtmarkt statt, wo es die Lieblingsdinge der malayischen Chinesen gibt: leckeres Essen, Kitsch und Karaoke.

Fuer uns war das natuerlich ein absolutes Mekka, da wir uns wider aller Vernunft in Kuala Lumpur eine Nikon-Kamera gekauft hatten. So liefen wir also durch die Strassen und Gassen Melakas und fochten einen internen Fotowettkampf aus. Taschenknipse gegen digitale Spiegelreflex – das Ergebnis steht aktuell noch aus.

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Unseren geschundenen Fotografenfuessen goennten wir abends eine chinesische Fussreflexzonenmassage und liessen uns von den geuebten Masseuren anhand unserer Gesichtsentgleisungen bei besimmten Massagegriffen unsere Problemzonen erklaeren. Ein Wunder, dass wir es bis Malakka geschafft haben. 🙂

Das wohl skurillste Erlebnis in Malakka hatten wir auf der Suche nach einer netten Bar. Durch Zufall stolperten wir in einen Laden, in dem alle Gaeste an einer Art Pool sassen und die Beine baumeln liessen. Wir nahmen Platz und realisierten erst dann, dass wir damit im Operationssaal von Dr. Fish sassen. Ploetzlich schoss eine ganze Horde kleiner grauer Fische auf unsere Fuesse zu und begann sich an diesen nagend und saugend zu schaffen zu machen. Ein echter Schreck und ein frontaler Angriff auf den Kitzelreiz. Als wir beides ueberwunden hatten, liessen wir die kleinen Flossentraeger gewaehren und wurden von der Kellnerin aufgeklaert, dass der chinesische Name der Pedikuere-Fische „Chin Chin“ sei, was soviel bedeutet wie „Kuss, Kuss“. Nach einer Stunde Fusspflege mit zahlreichen Kitzel-Kicherattacken, schwebten wir auf „jungfraeulichen“ Fuessen nach Hause.

Und zwei Tage spaeter Singapur entgegen.

Unsere Spontanitaet bezueglich der Aenderung unserer Reiseplaene, fuehrte dazu, dass Olis Stiefbruder Joe, seine Frau Rola und die fuenfjaehrige Leonie regelrecht von uns ueberfallen wurden – hatten wir doch unserern Besuch fuer 14 Tage spaeter angekuendigt. Die Drei trugen es aber mit Fassung und gewaehrten uns Unterschlupf in ihrem Gaestezimmer. (Joe arbeitet seit ca. 3 Jahren als Expat in Kuala Lumpur.)

Kuala Lumpur, von Einheimischen nur KL genannt, ist die quirlige Hauptstadt Malaysias direkt im Zentrum der malayischen Halbinsel. KL ist ein Schmelztiegel der Nationen: Malayen, Chinesen und Inder stellen den groessten Teil der Bevoelkerung, ergaenzt von zahlreichen Expats aus den westlichen Laendern und deren phillipinische und indonesischen Hausangestellten. Dieser ethnologische Reichtum schlaegt sich natuerlich in der Kueche Kuala Lumpurs nieder, die lecker, spicy, vielffaeltig ist und einen jeden Tag vor die Qual der Wahl stellt. Auf der anderen Seite macht sich der Nationenmix auch durch ein auesserst inhomogenes Stadtbild bemerkbar: Typische malayische Maerkte neben chinesische Foodstalls, in denen kein einziges arabisches Schriftzeichen zu finden ist und Expat-Enklaven, in denen schicke und rein englischsprachige Shoppingmalls zu finden sind. Natuerlich ist diese Beschreibung nicht wirklich trennscharf, aber sie spiegelt die vielen verschiedenen Gesichter KLs wieder.

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Fuer uns war Kuala Lumpur vor allem ein bisschen Pause vom Backpackerdasein. Natuerlich haben wir auch hier mit Badelatschen die Stadt erkundet, Unmengen von Fotos geschossen, das schnellste Internetcafe und die billigste Verkehrsmoeglichkeit gesucht und aus dem Rucksack gelebt. Allerdings stand der Rucksack in einem wunderbaren, klimatisierten Gaestezimmer mit verlaesslich warmer Dusche. Anstatt Reisefuehrerwaelzen spielten wir lieber Verstecken mit Leonie und genossen ein bisschen „normales“ Leben und Familienanschluss. Einzig die Outfitfrage setzte uns manchmal in dieser „neuen“ Welt unter Stress – was soll man als Rucksack-Mensch bitte anziehen, wenn man Freitag nachts in eine Szenebar geht?

Alles in allem hatten wir eine super schoene Zeit in KL. Joe, Rola und Leonie auf diesem Weg nochmals ein ganz herzliches Dankeschoen fuer ihre liebe, spontane Gastfreundschaft.