Um es vorweg zu nehmen: Nein, wir haben bei dem ecuadorianischen Schamanen keine Wunderwaffe gegen Alterserscheinungen gefunden. Trotzdem haben wir das Treffen mit ihm erfrischt (s.u.) und in gewisserer Weise erleuchtet verlassen. Anders als urspruenglich versprochen, erwartete uns – in diesem Fall waren das Lars und Meike aus der Schweiz, die hiermit herzlicht gegruesst sein und wir beide – kein grosses Schamanenfest in Calderon, sondern „nur“ der Herr Oberschamane. Dieser nahm sich aber zwei Stunden Zeit uns in die Geheimisse der lateinamerikanischen Naturheilkunde einzufuehren. Zugegebenermassen, sassen wir am Anfang ein wenig skeptisch bis aengstlich in seinem Behandlungszimmer und betrachteten zahlreiche wenig vertrauenserweckende Fluessigkeiten, Steine, Kerzen und okkult anmutende Gegenstaende. Mit Geduld und missionarischen Eifer erklaerte uns Andres Quiliumba Samueza wie eine schamanische Heilung aussieht und welche Bedeutung den einzelnen „Behandlungsinstrumenten“ in diesem Prozedere zukommt. Nicht ohne Stolz berichtete er, dass seit dem Jahr 1996 die schamanische Heilskunst auch staatlich anerkannt und als alternative Medizin respektiert wird. Zum Beweis, durften wir dann auch ein dickes Fotoalbum betrachten, dass Andres mit saemtlichen politischen und geistigen Groessen Ecuadors zeigte.
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Derartig uerberzeugt unterzog sich dann Martina einer sogenannten spirituellen Reinigung. Diese bestand im wesentlichen daraus mit ein paar mythischen Formeln bedacht und mit speziellem Quellwasser und profanen Zigarettenqualm bespuckt zu werden. Ausserdem mussten noch ein paar energieleitende Steine festgehalten werden. Andres attestierte eine leichte innere Unruhe (welch Wunder!), die zu kurieren er sich anschickte. Als Martina dann ihre Haende zu einer Schale formen sollte und Andres eine braunliche Fluessigkeit in diese goss, wurde die innere Erregung auch aeusserlich sichtbar. Zu ihrer Erleichterung entpupte sich sich mysterioese Fluessigkeit aber als durchaus wohlriechende Kraeutertinktur, die auch nur zur aeusserlichen Anwendung gedacht war. Ziemlich feucht, aber um ein paar sehr spannende Erfahrungen reicher, verliessen wir unsere private schamanische Lehrstunde und wurden im Bus nach Quito direkt wieder auf den Boden der irdischen Tatsachen zurueckgeholt.

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Vor unserem Ausflug in die Welt der Schamanen, haben wir noch den quirligen Markt in Calderon besucht. Hier noch ein paar Impressionen:
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So nun wissen wir endlich wie friedlich und freudvoll ein suedamerikanisches Fussballspiel sein kann. Naja nur beinahe. Denn leider spielte das Wetter nicht so ganz mit. Bei stroemenden Regen, der sich hartnaeckig ueber 90 Minuten hielt, schauten wir uns ein WM-Qualifikationsspiel fuer die WM in Suedafrika an. In einem Stadion, dass schon seit den sechziger Jahren Wind und Wetter trotzt und heute auch den entsprechenden Charme versprueht. Erstaunlich friedlich und gut gelaunt haben die Ecuadorianer ihre Mannschaft gefeiert und lediglich den Schiedsrichter und die gegnerische Mannschaft mit wilden verbalen Beschimpfungen attackiert (selbst mit unserem bescheidenen Spanischvokabular bekamen wir rote Ohren). Das Ergebnis 0:0 spiegelte unsere Enttaeuschung ueber ein relativ lahmes Fussballspiel wieder. Trotzdem kamen wir am Ende des Abends nass bis auf die Haut, in Muelltueten eingepackt und in jeder Ritze voller Konfetti, zufrieden in unserem Hostal an. Und am naechsten Tag sind wir ja ausserdem mit einem Top-Spiel der Deutschen Nationalmannschaft belohnt worden und konnten dieses sogar im Trockenen schauen. Man glaubt es kaum Martina entwickelt sich zu einem echten Fan und diskutiert mittlerweile sogar ueber die Abseitsfalle.

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Nachdem wir nun unseren zweiwoechigen Spanischunterricht absolviert haben, gibt es schon erste Erfolge zu berichten. Martina konnte ohne Probleme auf Spanisch unsere Flugtickets nach Galapagos buchen und wir werden Montag sehen, ob es so gut geklappt hat, wie es bis jetzt den Anschein macht. Geplant ist zumindest von Monatg an zehn Tage auf Galapagos zu verbringen. Dann werden wir fuer zwei Tage nach Quito zurueckkehren und anschliessend uns in das Abenteuer Regenwald stuerzen.

Nachdem wir gestern zum letzten Mal unsere spanischen Sprachkenntnisse weiterentwickelt haben, fanden wir es an der Zeit, auch andere landestypische Ausdrucksformen zu erlernen. Also haben wir zur Erheiterung aller Lehrer und anderer Sprachschueler einen Salsa-Kurs im Innenhof unserer Sprachschule gebucht. Nach zwei Stunden wirklich harter Arbeit, konnten wir uns aber schliesslich einbilden, dass wir uns fuer zwei Gringos gar nicht so schlecht angestellt haben. Und riesig Spass hatten wir allemal.

In unserem ausgesprochenen Kontakt- und Kommunikationsfreudigen Hostel (manchmal ein bisschen zu sehr, weshalb wir mittlerweile zum Blog- und Emailschreiben in Internetcafes auswandern), haben wir dann gestern abend Herrn Erwin Patzelt kennengelernt. Ein netter und sehr sendungsbewusster aelterer Herr, der 1959 das erste Mal in Ecuador war und seitdem einige Filme und Buecher ueber den Regenwald und seine Einwohner verfasst haben. Herrn Patzelt sei Dank, haben wir morgen nun die Moeglichkeit dem Sonnenwend-Treffen der Medizinmaenner unterschiedlichster Staemme als einzige Touristen beizuwohnen. Wir freuen uns sehr und sind gespannt, wovon wir am Ende des Tages so alles geheilt sein werden.

Ein Land direkt am Aequator, was widerspruechlicher nicht sein koennte. Mit einem atemberaubenden Landeanflug auf die Hauptstadt Ecuadors, welche 2850m ueber dem Meeresspiegel liegt, begann eine Leidenschaft fuer ein nicht nur landschaftlich ueberwaeltigendes Land. Die senkrecht stehende Sonne laesst diese Landschaft und insbesondere die kalkweisen im kolonialen Stil errichteten Haeuser in bestechenden Farben erstrahlen. Unsere Fahrt vom Flughafen zu unserem ersten Hostel vergegenwaertigt uns, dass wir in einem uns unbekannten Kontinent gelandet sind. Von Abgasen betoert und von der Geschwindigkeit des Taxis berauscht flogen wir durch die Strassen Quitos.

Trotz totaler Uebermuedung nach einem anstrengenden Nachtflug und halber Blindheit (Olis Brille hatte den Flug von LA leider nicht ueberlebt) konnten wir doch schnell feststellen, dass unser Hostel (Hostal Huauki) nicht der erwartete Knaller war. Auch das leere Stockbett, das sich zwischen unseren Betten befand, wollte nicht wirklich zum Wohlfuehlgefuehl beitragen. Gott sei Dank waren wir aber so schlau, die Unterkunft von Hamburg aus nur fuer drei Tage gebucht zu haben.

Nachdem wir uns einigermassen aklimatisiert hatten, ging es dann erstmal auf den Markt nach Otavalo. Dort werden neben aller Arten von Lebensmitteln auch lebendige Tiere und vor allem indigenes Kunsthandwerk verkauft. Eine Reise in eine andere Kultur und unserer erster wirklicher Kontakt mit den Ecuadorianern. Dieser war ausnahmslos positiv, will man den Haendlern zugestehen, dass sie ihre Waren natuerlich zum bestmoeglichen Preis verkaufen moechten. Ansonsten war es auffaellig, wie liebevoll und nett die Menschen miteinander umgehen und wie entspannt alle sind. Insbesondere die Kinder, die immer und ueberall dabei sind, scheinen besonders lieb und „pflegeleicht“ zu sein. Ein Eindruck, der sich in den vergangenen Tagen haeufig bestaetigt hat. Staendig sieht man Familien, die miteinander kuscheln und Spass haben. Es soll auch quengelige und streitende Kinder in Ecuador geben – gesehen haben wir diese aber bislang noch nicht. Was wir aber gesehen haben und was die Idylle nicht unwesentlich truebt, sind viele Kinder, die in den Strassen versuchen, Suessigkeiten oder Zeitungen zu verkaufen oder sich als Schuhputzer verdingen muessen. Wir sind eben nicht nur in einem besonders schoenen, sondern auch in einem besonders armen Land.

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Nach drei relativ schlaflosen Naechten, haben wir uns dann endlich auf die Suche nach einer neuen Bleibe gemacht. Dem Footprint-Reisefuehrer fuer Suedamerika sei Dank waren schnell ein paar alternative Bleiben identifiziert. Nachdem wir uns ein paar von diesen angeschaut hatten, haben wir uns schliesslich fuer die Casa Helbling entschieden und diese Entscheidung bislang noch nicht bereut. Ganz im Gegenteil, dadurch, dass wir uns schnell sehr wohl gefuehlt haben, stieg die geplante Verweildauer in Quito um ca. zwei Wochen. Mittlerweile haben wir eine Menge netter Mitbewohner kennengelernt und mindestens eine ebensolche Menge interessanter und kurioser Lebensgeschichten gehoert. Claus, der Besitzer des Hostals, ist ausserdem ein steter Quell guter Ideen und hilfreicher Hinweise fuer Ecuador-Reisende.

Nachdem wir durch den Erwerb einer neuen Brille die Vorausetzungen geschaffen hatten, haben wir uns fuer einen Spanisch-Kurs angemeldet. In einem Land, in dem alles weniger formal zugeht und jeder froh ist, wenn er ein bisschen Geld verdienen kann, geht das von einem Tag auf den naechsten. So haben wir mitterlerweile schon eine Woche Sprachunterricht und Zungengymnastik hinter uns. Ganz schoen heftig, wenn man einfach von null anfaengt. Unsere Vormittage verbringen wir jetzt mit unserer Lehrerin Martha, die aussieht wie dreissig und eine neunzehnhjaehrige Tochter hat (?!), und muehen uns redlich, zumindest die Grundzuege der spanischen Sprache zu verstehen. In den Nachmittagen sorgt Martha mit Unmengen von Hausaufgaben verlaesslich dafuer, dass uns auch ja nicht langweilig wird.

Nach den ersten Unsicherheiten, sind wir mittlerweile auch in Sachen Ernaehrung mutig geworden. Mit den ersten Brocken Spanisch bestellen wir uns mittags in typischen ecuadorianischen Restaurants, die teilweise entfernt an Garagen oder Gartenlauben erinnern, das was es gerade so als Mittagessen fuer 1- 3 Dollar im Angebobt gibt. Bislang ohne zu verzeichnende Kurzzeitschaeden, sondern eher mit einer Menge interesssanter lukullischer Ueberraschungen.

Von saemtlichen kulinarischen und linguistischen Abenteuern haben wir uns dann am vergangenen Wochenende in den heissen Quellen von Papallacta erholt. Mitten in den Anden in ueber 4000 Metern Hoehe, dort wo die Luft richtig duenn wird und die Wolken in den Bergspitzen haengen, sprudelt heisses Wasser aus der Erde. Dieses wird in Thermalbecken aufgefangen und laedt die Besucher zum Baden ein. Wir hatten das Glueck, dass es waehrend unseres Besuchs geregnet hat, andernfalls waeren wir wohl richtig durchgekocht worden. Die physische und psychische Entspannung war dann aber schnell wieder gemindert, nachdem wir ca. 2 Stunden auf dem Gang einen sauerstoffarmen und voellig ueberfuellten Busses unsere Heimfahrt nach Quito beschreiten mussten.

Nach den ersten 10 Tagen Ecuador koennen wir feststellen, dass wir uns tatsaechlich ein wenig in das Land und seine Leute verliebt haben. Auch wenn Quito ein riesiges nach Abgasen stinkendes und trotzdem wunderbares Moloch ist, und die Gegensaetze zwischen Moderne und Tradition, Armut und Reichtum teilweise kaum krasser sein koennten, so fuehlen wir uns hier sehr wohl und werden wohl noch eine ganze Weile in Ecuador bleiben. Jetzt haben wir erst einmal die Qual der Wahl wann und was wir machen moechten – Kueste und Wale beobachten, Galapagos, Dschungel- und / oder Vulkantrips oder doch lieber Wandern in den Anden. So klein das Land auch ist, so vielfaeltig sind die Moeglichkeiten. Wir werden berichten…