Nachdem wir gerade aus der tropischen Schwuele nach Quito zurueckgekehrt waren, war ein Fahrradausflug zum Cotopaxi – hoechster aktiver Vulkan der Erde – Anlass die Gummistiefel direkt gegen die lange Skiunterwaesche zu tauschen. Morgens um sieben ging es mit dem Jeep von Quito aus Richtung Cotopaxi. Schon am fruehen Morgen liess sich erahnen, dass wir nicht gerade den idealen Tag fuer diesen Ausflug ausgesucht hatten. Tatsaechlich kamen wir auf 4600 Meter an und wurden von Schneegestoeber und Nebel begruesst, so dass wir kaum die Hand vor Augen sehen konnten. Entsprechend lies sich auch die Bergspitze mehr erahnen als tatsaechlich wahrnehmen. Unser Guide troestete uns aber damit, dass es immerhin nicht regnen wuerde und dass das Wetter in den Bergen auch positiv unberechenbar waere.

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Also den Sturzhelm aufgeschnallt, das Mountainbike richtig eingestellt und den Berg hinab gestuerzt. In der duennen Luft, mit einem unbekannten Rad und bei Temperaturen, die einem die Haende an der Bremse festfrieren liessen, sind wir dann erstmal ein bisschen vorsichtig losgeeiert. Die Kids, die wir auf unserer Tour dabei hatten und die sich im ZickZack wie die Henker den Berg hinunterstuerzten, trugen nicht unbedingt zur gefuehlten Sicherheit bei.

Nachdem aber das erste fieseste Stueckchen geschafft war, klarte der Himmer ein wenig auf und wir genossen es, durch das Andenpanorama zu flitzen. Allerdings wurde auf der Hoehe und mit ordentlichem Gegenwind jeder kleine Anstieg zur echten sportlichen Herausforderung. Am Ende belohnte uns der Berg aber fuer unser Durchhaltevermoegen und zeigte sich zumindest stueckchenweise durch die Wolken.

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So haette man den Vulkan an einem guten Tag sehen koennen, vielen Dank an José X

Nach unseren Erfahrungen von Galapagos haben wir uns voller Erwartungen und Vorfreude auf den Weg in den Dschungel oder wie in die Ecuadorianer nennen „El Oriente“ gemacht. Die Busfahrt von Quito (2.850 m ueber NN) zur ersten Zwischenstation Coca (299 m ueber NN) erwies sich als echte Herausforderung. Zehn Stunden dauerte die 350 km-lange Fahrt, vorbei an unterschiedlichsten Landschaften in einem klapprigen, stinkenden und stickigen Bus. Coca eine Stadt voller Oelarbeiter, Bier und leichter Maedchen ist wohl nicht der Platz, den man in Ecuador gesehen haben muss, liegt jedoch unweigerlich auf dem Weg vieler Dschungelreisender.
Nach einer Nacht in einem Hostal machten wir uns mit einer Gruppe von weiteren Dschungeltouristen auf einem kleinen LKW auf unsere Reise, die uns zunaechst fuer ca. 3 Std. und 120 km entlang der Via Auca fuehrte. Parallel der Strasse sahen wir ein kapillares System von Oelpipelines, die dem Dschungel Barel um Barel das Oel absaugen. Diese Versorgungsstrasse der Oelfirmen wird momentan geteert, um die Pipelines immer weiter in den Regenwald vor zu treiben. Leider mussten wir auch einige leckende Stellen sehen, an denen das Oel ungehindert die Umwelt verpestet. Wie wir erfuhren gibt es jeden Tag allein in Ecuador 20 solcher Pipelinebrueche.

Nachdem wir das Territorium der Huaorani erreicht hatten, wechselten wir unser Transportmittel und bestiegen zum ersten Mal unser Motorkanu, welches uns fuer die naechsten 8 Tage ein treuer und verlaesslicher Partner werden sollte. Nach weiteren 3,5 Std. und 57 km mit selbigen hatten wir die naechste Etape unseres Dschungeltrips die Bataburo-Lodge erreicht.

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Nun waren wir also tatsaechlich im primaeren Regenwald und fernab jeglicher Kommunikationsmoeglichkeiten angekommen (kein Internet, kein Telefon und Strom nur per Generator zwischen 18 – 22 Uhr). Direkt nach unserer Ankunft wurden wir von Ceclia, einem kleinen Spinnenaffen, begruesst und uns war klar wir waren in einer anderen Welt angekommen. Die Geraeusche des Dschungels umgaben uns, praehistorische Voegel flogen hinter der Lodge und ein Cayman schwamm im Fluss.
Wir waren sehr beeindruckt und umso gespannter auf unser eigentliches Abenteuer, das am naechsten Tag starten sollte. Zusammen mit einem Koch, einem Bootsmann und einem englischsprachigen Guide fuhren wir flussabwaerts, um unterschiedliche Stellen des Regenwalds und das indigene Volk der Huaorani zu besuchen, Tiere zu beobachten und zu jagen und vor allem im Zelt zu uebernachten.

Am ersten Tag unseres Abentteuertrips legten wir nochmals eine ziemlich weite Strecke mit dem Motorkanu zurueck. Unser Bootsmann kaempfte bei jedem Baum, der in den Fluss gefallen war, mit dem Motor und hob diesen aus dem Wasser. Ein echter Knochenjob, da es unzaehlige von umgefallenen Baeumen gab. Ploetzlich rochen wir einen starken Geruch und sahen auch sogleich die zugehoerigen Wildschweine (Pecaris) am Ufer. Unser Guide fing an heftig zu gestikulieren, schnappte sich Fotoapperat und Maschete, huepfte an Land und gab uns ein Zeichen im zu folgen. Nun stellten wir fest, wie der Regenwald wirklich ist und warum er so heisst. Der total matschige und rutschige Untergrund erlaubt es einem Hamburger in Gummistiefeln kaum richtig zu laufen, geschweige denn einem Guide, der sich seinen Weg mit einer Machete durch das dichte Unterholz bahnt, und einer Horde von ca. 200 Wildschweinen zu folgen. So waren wir also angekommen in einer uns bis dahin nicht vorstelbaren Welt.

Ein paar Stunden spaeter kamen wir zum ersten Zeltplatz und damit auch zur ersten Familie der Huaorani. Dieses kleine Dorf liegt an einem kleinen Nebenfluss des Tiguino. Wir wurden von allen Dorfbwohnern direkt in Empfang genommen, die sich ueber unseren wenig eleganten Versuch das matschige Flussufer hoch zu klettern, koestlich amuesierten. Danach sahen wir die ersten Huetten der Ureinwohner und ihre Art zu leben. In den Huetten befanden sich lediglich Haengematten, ein paar Feuerstellen, Jagdutensilien und ein kleiner Affe, das Haustier. Es ist schwierig zu beschreiben, wie dieses Naturvolk lebt, da saemtliche Kultur und Lebensart von der unseren so vollstaendig unterschiedlich ist.
Davon konnten wir uns am kommenden Tag noch mehr ueberzeugen. Nachdem wir weiter flussabwaerts gefahren waren, kamen wir in das Dorf Bameno, einer der groessten Houarani-Gemeinschaften, in der auch das Stammesoperhaupt „Kempery“ beheimatet ist. Dieser begruesste uns auch und fuehrte uns nicht ohne stolz durch seine Ort. Jede Familie hat in Bameno ein Haus in dem Stil, wie wir es schon am Vortag bewundern konnten. In diesen Haeusern leben je nach Familiengroesse 10 und mehr Personen unter einem Dach. Um sich vor naechtlicher Kaelte zu schuetzen schlafen auch immer gleich mehrere Personen in einer Haengematte. Das Leben der Huaorani ist in jeglicher Weise an praktischen Gesichtspunkten orientiert. Die Menschen besitzen genau das was sie fuer ihren Alltag benoetigen – nicht mehr aber auch nicht weniger. Lebensalltag heisst bei den Huaorani, dass die Maenner mit Speeren und Blasrohren bewaffnet in den Dschungel ziehen, um fuer die Ernaehrung der Familie zu sorgen. Daneben wird auf Plantagen auch noch ein bisschen Feldwirtschaft gemacht. Die Frauen kuemmern sich um die Zubereitung der Mahlzeiten und die Betreung der Kinder – soweit gar nicht so viel anders als bei uns. Mit dem Unterschied, dass in Bameno, die Menschen nach unseren Vorstellungen ungefaehr drei Stunden am Tag effektiv arbeiten. Den restlichen Tag haengen sie rum und erzaehlen Geschichten von der Jagd oder kriegerischen Erfolgen der Huaorani (die in den 50 und 60er Jahren die Oelfirmen erfolgreich bekaempft haben, indem sie einfach alle Mitarbeitet getoetet haben). Die wenigen Touristen, die sich nach Bameno verirren, sind bei den Einheimischen aeusserst beliebt – zum einen um die Bleichgesichter wie im Zoo zu bestaunen und zum anderen weil diese viele leckere Sache wie Brot und Cola mitbringen – eine willkommen Abwechslung von der Dschungelkueche. Ausserdem singen die Huaoranis gerne etwas vor und erwarten als Gegenleistung dann ebenfalls einen kleinen musikalischen Beitrag aus der Heimat der Touristen. So war Martinas Staendchen „Die Affen rasen durch den Wald…“ unser aktiver Beitrag zur Voelkerverstaendigung im Urwald.
Am folgenden Tag sind wir dann gemeinsam mit dem Huaorani Comenta und seinem Sohn weitergereist. Mit Comenta ging es dann auch Jagdtour. Wir hatten ganz schoene Muehe mit dem barfuessigen Comenta Schritt zu halten, der mit seinem Blassrohr bewaffnet, seinem Jagdinstinkt folgte. Da Comenta aber sein Leben lang in einer Haengematte ueber einem rauchigen Feuer geschlafen hat, konnten wir ihn anhand seines Geruchs immer wieder aufspueren. So ging es also durch knoecheltiefen Matsch, ueber Fluesse und umgestuerzte Baeume hinter irgendwelcher Beute her. Besonders beeindruckend waren Comentas Faehigkeiten beim Imitieren von Tierstimmen. Ob sich davon aber irgendwer so richtig angelockt fuehlte, vermochten wir nicht zu berurteilen. Nachdem wir ein paar Affen gesehen und einen Vogel mit dem Blasrohr verfehlt hatten, war ploetzlich hoerbar eine riesige Horde Wildschweine in unserer Naehe. Jetzt lief Comanta zu Hochform auf, schnitzte sich in Windeseile zwei Speere und rannte los – wir als erfahrene Wildscheinjaeger natuerlich hinterher. Als wir ganz dicht an der potentiellen Beute waren, liessen Comenta und unser Guide uns auf ein paar hohen Baumwurzeln stehen, sagten, dass sei jetzt nix fuer Anfaenger und sie waeren spaetestens in einer Stunde wieder da und waren weg. Da standen wir nun – alleine im dunklen Regenwald, halb enttaeuscht und halb erleichtert und auf jedes Geraeusch genau horchend. Schlussendlich wurden wir aber von einem etwas geplaettet wirkenden Comenta heil wieder abgeholt. Leider war die Jagd erfolglos gewesen – aber zumindest so aufregend, dass Comenta und unser Guide tagelang ueber nichts anderes sprachen.
Einen kleinen Jagderfolg konnten wir dann am letzten Tag unserer Dschungelreise doch noch verzeichnen. Nach fuenf erfolglosen Tagen haben wir dann doch noch beide einen Piranha gefangen, dessen Zaehne wir dann von unserem Guide auch direkt als Jagdtrophaee an eine Halskette gehangen bekamen. So kamen wir von unserem Zelttrip am letzten Tag ein bisschen kaputt, ziemlich dreckig und stickend aber doch mit dem Gefuehl „echte“ Abenteurer zu sein in die Lodge zurueck. Ehrlicherweise muss man sagen, dass wir dort aber sehr dankbar, fuer ein „echtes“ Bett und eine „echte“ Dusche waren. Am Ende des Ausflugs in den ecuadorianischen Orient waren wir uns einig, dass dies wohl eines der besondersten Erlebnisse in unserem Leben war.

Endlich war er da – der lang erwartete schoene, klare Tag in Quito. Wir sollten es also doch noch schaffen uns Quito mit der Seilbahn von oben anzuschauen. Zufaellig hatten Scott und Peter, ebenfalls zwei Langzeitbewohner der Casa Helbling, die gleiche Idee. So zogen wir zu viert los, um an der Talstation der Seilbahn “ Teleferico“ festzustellen, dass nicht wir allein diese tolle Idee hatten.
Schlussendlich sind wir dann aber doch oben auf 4050 Meter angekommen. Dort oben bot sich uns ein wunderschoener Blick ueber das „Moloch Quito“ und die verschneiten Bergspitzen diverser Vulkane.
Zu Fuss ging es weiter den Berg hoch, wobei sich direkt raechte, dass wir auf den Galapagos-Inseln ohne Hoehenaklimatisation wieder eingebuesst hatten. Langsam und ordentlich schnaufend ging es Stueck fuer Stueck weiter.
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Entsprechend waren wir ganz dankbar, als uns ein Pferderuecken fuer den Aufstieg bis auf 4600 Meter angeboten wurde. Auch wenn der Aufstieg so wesentlich komfortabler war, haben wir uns wohl in unserer ganzen Ecuador-Zeit nie Gringo-maessiger gefuehlt. Zu schlapp zum Laufen, auf einem Pferd ohne wirklich reiten zu koennen, und begleitet von einheimischen Guides – zu Fuss!
Nichts desto trotz ein toller Ausflug.