Ueber zwei Stunden dauerte der etwa 70 Kilometer lange Weg von Ubud nach Amed. Da unser Taxifahrer offensichtlich annahm durch amplitudenartiges Gasgeben Sprit sparen zu koennen, kamen wir mit einem leichten Schuetteltrauma in Amed an.
Amed ist auf den ersten Blick keine echte Schoenheit. Grauer Lavakieselsandstrand umrahmt von weissen Fischerbooten und eine Vielzahl von Unterkuenften, die sich wie Perlen an der einzigen Strassse des Orts aufreihten. Die Anzahl der gastronomischen Angebote schien die Menge der anwesenden Touristen deutlich zu ueberschreiten. Zwischen den Hotels verstecken sich die spartanischen Unterkuenfte der einheimischen Fischer. Die Menschen an diesem relativ vergessenen Kuestenstreifen Balis gehoeren wohl mit zu den aermsten auf Bali.

Den ganzen Tag kann man Leute im Schatten vor ihren Huetten doesen sehen, Taxifahrer sitzen vor den Hotels und hoffen auf die einzige Fahrt des Tages. Die Fischer haben um elf Uhr morgens bereits ihr Tageswerk verrichtet und gehen dann auf Touristenfang, in der Hoffnung einen der Langnasen fuer einen Schnorchel- oder Angelausflug begeistern zu koennen. Die Zeit scheint in Amed langsamer zu laufen.

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Dabei gehoeren die Menschen auf Bali mit zu den freundlichsten, die wir auf unserer Reise
kennengelernt haben. Auch wenn alle sehr geschaeftstuechtig sind und einem garantiert bei jedem Kontakt irgendetwas verkaufen oder vermitteln moechten, so bleiben sie doch auch immer freundlich, auch wenn man ein Angebot ausschlaegt. Es ist beispielsweise ganz normal, dass ein Taxifahrer, dem man gerade erklaert hat, dass man lieber zu Fuss geht, einem noch ausfuehrlich den Weg beschreibt. Man hat ja Zeit.
Besonders offen und neugierig sind die Kinder. Bei unseren Mopedfahrten entlang der Kueste um Amed reihten sich die ganzen Knirpse eines Dorfes am Strassenrand auf, um uns im Vorbeifahren “Fuenf” zu geben. Sobald wir irgendwo stehen blieben, hatten wir gleich eine ganze Traube Halbstarker um uns versammelt. Unter Ausnutzung ihres ganzen englischen Vokabulars wollten sie dann von uns wissen, wo wir herkommen, wie wir heissen und wohin wir unterwegs sind. Leider konnten sie in den meisten Faellen nicht viel mit unseren Antworten anfangen, freuten sich aber tierisch, wenn wir ein Foto von ihnen machten.

Seine eigentliche Schoenheit entfaltet Amed aber jenseits des Festlands. Schon zwei Meter vom Strand entfernt fangen Korallenlandschaften und ein vielfaeltiges und buntes Fischtreiben an. Bei unseren taeglichen Schnorchelausfluegen sind wir allerlei seltsamen Meeresbewohnern begegenet, konnten aber leider auch die Zeichen einer offenkundigen partiellen Zerstoerung der Korallenbaenke nicht uebersehen.
Auch wenn gerne in vielen touristischen Einrichtungen fuer das Motto “Keep Bali clean” geworben wird, so ist die Schuetzenswuerdigkeit der Natur nicht im Bewusstsein der einheimischen Bevoelkerung verankert. Es tut zum Teil schon weh zu sehen, wie inmitten der schoensten Natur einfach riesige Berge von Muell abgeladen werden. Ueberall schwelen neben den Haeusern kleine Feuer vor sich hin – die lokale Muellverbrennung. Den Menschen hier kann man das kaum vorwerfen. Was sollen sie tun, wenn nicht alle paar Tage – wie bei uns – jemand vorbeikommt und sie von dem leidigen Muell erloest? Und so wie ueberall anders auch, ist Umweltbewusstsein natuerlich in erster Linie ein Ausbildungs- und Aufklaerungsfrage. So haben wir zum Beispiel von der Besitzerin unserer kleinen Lieblingsrestaurants in Amed gelernt, dass sie Ihren (Plastik-)Muell im Garten verbrennt, denn das waere ja schliesslich gut fuer die Erde.
So aufgeklaert und ziemlich entspannt verliessen wir Amed nach ein paar Tagen wieder – zurueck ins “Leben” und “endlich wieder” in die Naehe eines Internetanschlusses.

Bali empfing uns, kaum dass wir den Flughafen verlassen hatten, mit naechtlicher Schwuele. Es fuehlte sich ein wenig so an wie gegen eine Wand zu laufen, als wir die Flughafenschwelle ueberschritten und unsere Klamotten innerhalb weniger Sekunden an unseren Koerper klebten. Endlich Waerme!

Was also die Temperaturen anging, waren unsere Vorstellung und Wuensche bezueglich Suedostasien voll erfuellt. Das war es dann aber auch schon. Als uns der Taxifahrer in Kuta absetzte waehnten wir uns irgendwo in Spanien. Unendliche Restaurant- und Kneipenmeilen, die stolz ihr “Western Food” and “Original Pizza” anboten, Horden von uniformiert taetowierten Surfern und eine wahre Parade von Grillhaehnchen, die sich waehrend ihres Urlaubs nicht vom oertlichen Strand zu entfernen schienen. Nichts mit Land des Laechelns, asiatischer Ausgeglichenheit und ganzheitlicher Lebensart. Bei uns regte sich augenblicklich der Fluchtreflex.

So haben wir schnell wieder unser Saeckchen geschnuert und sind nach Ubud weitergezogen. Ubud, ist die (selbst)ernannte Kulturmetropole Balis. (Macht sich dieser Status an der Dichte der Souvenir- und Kunsthandwerklaeden aus?)
Dort fanden wir schnell im Ganesha eine schoene Bleibe. Die kleine Unterkunft lag zentral in der Stadt und doch direkt an einem Reisfeld und hatte ihren Namen von der elefantengesichtigen Hindugottheit.

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Da das Ganesha nur ueber zwei Zimmer verfuegt (ein Geschaeftsmodell, das uns bis zum Ende schleierhaft blieb) wurden wir sehr persoenlich betreut. Das Fruehstueck bekamen wir jeden Tag auf unserer eigenen Terrasse serviert. Dort wurden wir wunderbar von einem mehrsprachigen Beo unterhalten, der sein kleines Vogelhaus im Garten hat. Vor allem Oli freute sich, wenn er morgens vor die Tuer trat und von seinem gefiederten Freund mit den Worten “Hello Boss” begruesst wurde. Nach dem Fruehstueck mussten wir dann taeglich unserem Vermieter Rede und Antwort ueber unsere Tagesplanung stehen, immer in der Hoffnung er koennte etwas fuer uns organisieren und sich damit eine Kommission verdienen.

In Ubud machten wir dann zum ersten Mal auf unserer Reise wirklich Urlaub. Wir verbummelten die Tage, streiften ein wenig durch die Laeden und schauten uns balinesisches Tanztheater an. Absolutes Highlight waren aber die balinesischen Massagen und Behandlungen, von denen wir uns gleich mehrere verpassen liessen.

Ein bisschen Aufregung in die ganze Entspannung brachten dann aber wieder unsere Ausfluege mit dem Moped. Mit diesem erkundeten wir weite Teile der Insel, besuchten Tempel, fuhren durch kleine Doerfer und fuhren entlang malerischer Reisfelder. Bali wie aus dem Bilderbuch.
Unser Guidebook hatte uns auf diese Ausfluege gleich richtig mit dem Hinweis vorbereitet, dass der Verkehr auf Bali eher von goettlicher Fuegung als von Verkehrsregeln gelenkt wird. Und tatsaechlich, scheint der hinduistische Glaube an Wiedergeburt eine gewisse Angstbefreitheit zu bewirken. Oder vielleicht reicht es auch aus genug Opfergaben zu machen, um einfach ohne nach links oder rechts zu schauen auf eine Kreuzung zu fahren. Da wir aber weder eine weltliche noch eine goettliche Versicherung abgeschlossen hatten, verhielten wir uns defensiv – und ueberlebten so von einigen Regenguessen abgesehen unsere Zweiradausfluege unbeschadet.

Nach ueber einer Woche in Ubud packte uns das Reisefieber aber wieder und wir zogen weiter nach Amed an der verschlafenen Ostkueste Balis.